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Kapitel 1

Die Sonne kitzelt leicht meine Nasenspitze, während ich mich auf dem schmalen Grat zwischen Wachen und Schlafen bewege. Ein bezauberndes Vogelkonzert erfüllt die Luft, und ich koste die letzten warmen Tage dieses Jahres aus.

„Rose?“ Ach nein, nicht jetzt. Vielleicht entdeckt sie mich nicht, wenn ich regungslos liegen bleibe. Dann kann ich wieder in diese himmlische Ruhe versinken, die mich gerade noch umgeben hat.

„Rose! Wo bist du?“ Ein paar kostbare Minuten verharre ich starr, in der Hoffnung, dass das Gras mich gut genug tarnt und halte die Luft an.

„Rose! Warum antwortest du nicht, wenn ich dich rufe?“ Verdammt. Ich blinzele durch halb geschlossene Lider und erblicke ihr missmutiges Gesicht. Ob ich sie täusche, wenn ich mich ausgiebig dehne?

„Komm schon, ich weiß genau, dass du mich gehört hast. Du hättest vor 15 Minuten im Haus sein sollen, um zu lernen. Dir war nur eine kurze Pause gestattet. Warum benimmst du dich nicht einmal anständig?“, schimpft sie, und meine Überlegungen zerfallen in Asche. Sie hat mich durchschaut.

„Es ist so schön hier draußen. Können wir nicht hier weitermachen? Ich konzentriere mich, ich schwöre es“, flehe ich, aber ihr Gesicht bleibt stur. „Wenn du auch nur einmal deinen Versprechen treu geblieben wärst, könnte ich dir vielleicht glauben“, brummt sie und schnalzt mit der Zunge. „Steh endlich auf, deine Kleider haben bestimmt schon Flecken.“

Seufzend erhebe ich mich. Mit den Händen streiche ich über die Falten in meinem Rock. Als ob mich Flecken stören. Schweratmend stoße ich die Luft aus und denke an meinen Vater. Würde er mich jetzt sehen, käme sicherlich eine Standpauke auf mich zu. Maria durchbohrt mich mit ihrem strengen Blick und zupft ein paar Grashalme aus meinem Haar.

„Wie lange willst du dich noch aufführen, als wärst du ein Kind? Du bist 16 Jahre und kein bisschen erwachsen“, tadelt sie, und ich rolle mit den Augen. Maria - meine Nanny/Ersatzmutter/Lehrerin und Anstandsdame.

„Ich habe das gesehen, und das ist genau das meine ich“, faucht sie. „Eine Dame in deinem Alter verdreht nicht die Augen und liegt erst recht nicht mitten am Tag im Gras und träumt“, belehrt sie mich weiter.

„Entschuldigung“, murmele ich halbherzig und trotte vor ihr her, damit sie nicht sieht, dass ich wieder die Augen verdrehe.

„Glaubst du ich bin blind? Noch einmal und ich werde deinem Vater Bericht erstatten“, droht sie, und ich merke, dass ich ihre Geduld überstrapaziert habe.

Sie ist in den letzten Tagen besonders dünnhäutig, und ich muss darauf achten, wie ich mich benehme.

Nicht nur meine Worte korrigiert sie, sondern auch meine Kleidung und vor allem meine Haltung. Ständig mahnt sie: „Steh gerade“, „Das ziemt sich nicht“ oder „Der Rock ist zu kurz“. Immer gibt es etwas zu meckern, und ich frage mich, seit wann das so ist und warum.

„Kannst du mir vielleicht mal erklären, weshalb du nur noch am Meckern bist?“, wage ich die Frage.

„Glaubst du, das macht mir Spaß? Ich muss mich ständig wiederholen, ich komme mir vor wie eine leiernde Schallplatte.“

Ich trete gefolgt von meinem Wachhund in die Bibliothek und setze mich schnaubend auf den harten Stuhl. Trotz ihrer Beteuerungen bin ich mir nicht sicher, ob sie nicht vielleicht doch Freude an meinem Leid hat.

„Nimm dein Buch und lies mir den Text noch einmal vor“, befiehlt sie und nimmt gegenüber von mir Platz, wobei sie die Knöchel elegant übereinanderschlägt.

Ich ziehe meine Beine an und setze mich einigermaßen bequem in den Schneidersitz. „Rose!“, ermahnt sie mich sofort. Seufzend lasse ich meine Beine auf den Boden gleiten. Meine Position entspricht noch nicht ihren Ansprüchen, und sie schnalzt missbilligend mit der Zunge, bis ich ihre steife Haltung imitiere.

Mit dem Buch von „Romeo und Julia“ in der Hand beginne ich, ihr den Text erneut vorzulesen. Kaum habe ich die erste Zeile beendet, bewegt sich ihr Kopf wie ein Wackeldackel.

„Was?“, frage ich scharf, meine Geduld am Ende.

„Die Betonung stimmt nicht.“

„Das war die erste Zeile.“

„Und du meinst, die braucht keine Dramatik?“

„Verrätst du mir vielleicht mal, was in letzter Zeit mit dir los ist? Du bist nur noch am Motzen und Meckern“, fauche ich.

„Du bist kein Kind mehr, Rose. Was erwartest du von mir? Ich bin hier, um dich zu bilden und zu erziehen. Glaube mir, es macht mir genauso wenig Spaß, dich ständig zu korrigieren. Ich wusste, dass deine Pubertät sich verschiebt, dass sie allerdings so spät einsetzt, habe ich nicht erwartet..“

„Danke“, entfährt es mir und ich sehe sie mit offenem Mund an. Sie ist seit meiner Geburt meine Vertraute. Meine Mutter ist früh verstorben, und ich habe nur vage Erinnerungen an sie. Maria hat meine Erziehung übernommen und kennt mich in- und auswendig. So hat sie noch nie mit mir gesprochen.

„Du lehnst dich gegen alles auf, was ich dir beigebracht habe. In zwei Wochen wirst du 17 Jahre alt, beinahe erwachsen. Es wird Zeit, dass du dich für ein Studium entscheidest, aber stattdessen vergeudest du deine Zeit damit, in der Sonne zu liegen und vor dich hin zu träumen.“

Ihre Worte schmerzen mehr als eine Ohrfeige. Ich schlucke schwer. Sie hat recht und mir fehlen die Argumente, um ihr zu widersprechen. Mein Vater drängt mich ebenfalls jeden Abend mit Fragen nach meiner Zukunft, meinem Studium und meinen Interessen.

„Ich gebe mir doch Mühe, ich...“, setze ich an, werde allerdings sofort von ihr unterbrochen.

„Mühe allein reicht nicht. Werde erwachsen. Nicht mehr und nicht weniger wird von dir erwartet.“ Mir klappt der Mund zu. Nicht mehr und nicht weniger. Wie wird man spontan erwachsen? Wieso kann ich nicht bleiben, wie ich bin?

„Wir beenden das heute. Du darfst auf dein Zimmer. Ich rufe dich, wenn dein Vater eintrifft“, verkündet sie müde und erhebt sich genauso aufrecht, wie sie zuvor gesessen hat. Ohne ein weiteres Wort verlasse ich den Raum, überquere den langen Flur und die Treppe nach oben, bis ich vor meiner Zimmertür stehen bleibe.

Ich lege die Hand auf die Klinke, als mich Zorn durchflutet, und ich richte mich kerzengerade auf. Könnte Maria mich jetzt sehen, wäre sie garantiert stolz wie Oskar.

Nein, ich werde nicht da rein gehen. Sie will das ich mich erwachsen verhalte? Dann soll sie mich verdammt nochmal auch so behandeln. Trotzig setze ich meinen Weg fort, bis ich vor der verschlossenen Tür am Ende des Flurs stehen bleibe. Meine Finger zittern, als sie das kühle Metall des Türgriffs berühren, und ich stoße den Atem aus.

Diese Tür bleibt normalerweise geschlossen. Keiner betritt den Raum, weder von meinem Vater noch von Maria, und erst recht nicht von mir. Hinter dieser Tür liegt das Arbeitszimmer meiner Mutter. In der Mitte steht eine Staffelei, auf der ihr letztes Werk steht. Keine Bücher oder Schreibtische. An den Wänden lehnen ihre Bilder, die seit Jahren unbeachtet darauf warten, betrachtet zu werden. Seit 16 Jahren ist der Raum verwaist und wird nur betreten, um dem Staub Einhalt zu gebieten.

Unten sind Schritte zu hören, und ehe ich mich meiner Handlung bewusst werde, drücke ich die Klinke herunter und trete über die Schwelle.

Hastig lehne ich mich an die Tür und versuche, meinen beschleunigten Herzschlag zu beruhigen.

Es ist nicht verboten, ihr Atelier zu betreten, eher so etwas wie ein unausgesprochenes Gebot, das jeder im Haus respektiert.

Der Flur bleibt still, und ich atme erleichtert auf. Mein Blick wandert durch den Raum. Die Wände sind weiß, und einen Moment frage ich mich, wie meine Mutter sich davon hat inspirieren lassen. Ich betrachte die transparenten, hellen Gardinen und gehe langsam darauf zu. Meine Hände bewegen sich fast von allein, als ich die Vorhänge zur Seite ziehe.

Das Sonnenlicht, das mich zuvor sanft berührt hat, bricht durch das Glas und blendet mich mit seiner Helligkeit. Schnell kneife ich die Augen zusammen und blinzle mehrfach. Sobald sich meine Augen daran gewöhnt haben, richte ich meinen Blick nach draußen. Das Anwesen erstreckt sich auf jeder Seite des Hauses, soweit meine Sicht reicht. Ich kann nicht leugnen, dass ich in überaus privilegierten Verhältnissen aufgewachsen bin. Mein Vater und Maria haben stets dafür gesorgt, dass es mir an nichts gefehlt hat. Ich hatte die besten Lehrer, die neuesten Kleider, immer genug zu essen und Maria als Gesellschaft. Kinder in meinem Alter waren das Einzige, womit sie nicht dienen konnten. Na ja, zumindest nicht ganz. Da war Joshua.

Er ist drei Jahre älter als ich, und wir haben immer zusammen gespielt, wenn er mit seinen Eltern zu Besuch war. In welcher Verbindung seine Familie mit meiner steht weiß ich nicht. Irgendwann war der Kontakt abgebrochen.

Wann habe ich ihn zuletzt gesehen? Sind es fünf Jahre oder mehr her?

Meine Gedanken schweifen ab, und ich schüttele den Kopf.

Ich wende mich wieder dem Atelier zu, in dem meine Mutter ihre Werke hergestellt hat. Die Staffelei ist verhüllt mit einem weißen Tuch. Ich gehe darauf zu und halte inne. Zaghaft ziehe ich am Stoff, bis er dumpf zu Boden fällt. Es ist nicht viel zu sehen. Nur ein paar Kohlezeichnungen, die ich mit den Fingern nachzeichne. Ich sauge die Luft ein und lasse sie mit einem langen Atemzug wieder entweichen. Ich hebe meinen Blick von dem Papier und betrachte die kahlen, kalten Wände, bevor ich abermals, durch die bodentiefen Fenster in den Garten schaue.

Ich streiche den Gedanken von vorhin und ersetze ihn durch einen neuen. Wie konnte sie nicht inspiriert sein? Geistesabwesend schüttle ich den Kopf und reiße mich mit einer schnellen Drehung von dem Anblick los. Ich runzle die Stirn, als ich die Zeichnungen, die der Wand lehnen meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Mit schiefgelegten Kopf gehe ich darauf zu.

Sie hat sich nie auf einen Stil festgelegt. Kohle, Aquarell, Kreide, Ölfarben – sie hat alles genutzt.

Vorsichtig drehe ich die erste Leinwand um und stoße die Luft aus. Die Farben sind so intensiv, dass ich meine, die Blumen, Gegenstände und Menschen, die ich erblicke, berühren zu können.

Nacheinander reihe ich die Bilder auf, bis ein einziges übrig bleibt. Ich greife danach, lehne es an die Wand und trete einen Schritt zurück.

Wow. Meine Kinnlade klappt nach unten. Das Gesicht eines jungen Mannes, der mir entgegen starrt, kommt zum Vorschein. Wie die Mona Lisa verfolgen mich seine kornblumenblauen Augen. Trotz seines ernsten Gesichtsausdrucks betrachtet er mich mit einem wissenden Lächeln.

Meine Knie werden weich und ich gleite zu Boden. Ich bin fasziniert von seinem Anblick und sauge jede Einzelheit in mich auf. Das dunkle Blau seiner Augen, durchzogen von tiefgrünen Sprenkeln, seine geschwungenen Lippen, die Narbe über der rechten Schläfe, die leicht verblasst ist, und das kastanienbraune Haar, das ihm in die Augen fällt. Ich strecke dem Jungen meine Hand entgegen und bin kurz davor ihn zu berühren.

„Rose? Was machst du denn hier drin?“, Marias Stimme durchbricht die Stille, und ich zucke zusammen. Mein Herz schlägt hart gegen meine Brust und ist in einen ungesunden Rhythmus verfallen.

„Ich weiß nicht“, wispere ich und schüttle den Kopf.

„Du weißt es nicht? Du solltest auf dein Zimmer. Was suchst du hier?“

„Es tut mir leid“, stammele ich, stehe auf und verschwinde aus dem Atelier.

„Rose? Rose?“, ruft sie mir hinterher. „Was ist los?“, fragt Maria und folgt mir.

Ich reagiere nicht, gehe einfach weiter, bis ich in meinem Zimmer stehe. Mit zusammengezogenen Brauen dreht sie mich zu sich herum und sucht meinen Blick.

„Ich habe dich etwas gefragt“, sagt sie fordernd, und ich schließe für einen Moment die Augen.

„Du bist blass, ist alles in Ordnung?“ Ihre Stimme ist weicher als zuvor und ich atme schwer aus.

„Natürlich.“

„Was wolltest du in dem Zimmer?“

„Keine Ahnung.“

„Leg dich hin und ruh dich aus. Dein Vater wird bald zuhause sein“, weist sie mich mit einem prüfenden Blick an.

Ich nicke widerstandslos und wende mich von ihr ab. Ich höre, wie sie zur Tür läuft.

Statt mein Zimmer zu verlassen, spüre ich im Rücken, wie Sie mich schweigend betrachtet, bevor sie tief atmet und anschließend die Tür hinter sich zu zieht.

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Kapitel 2

„Maria hat mir erzählt, dass du heute im Atelier deiner Mutter warst.“ Das ist eine Feststellung meines Vaters, keine Frage. „Ja.“

Er spießt drei Bohnen auf die Gabel und hebt seinen Arm. „Warum?“, will er wissen und lässt das Gemüse wieder auf den Teller sinken.

„Darf ich nicht in ihr Zimmer?“ Ich lege das Besteck zur Seite und schaue ihn irritiert an.

„Warum, Rose?“, bohrt er nach und übergeht meinen Einwand in ungewohnter strenge.

„Brauche ich einen Grund?“

„Rose!“ Klirrend landet das Silber auf seinem Teller und ich zucke zusammen. Es sieht ihn nicht ähnlich, derart aus der Haut zu fahren. Er ist der gelassenste Mann, den ich kenne.

„Ich hatte den Wunsch hineinzugehen“, beantworte ich seine Frage zögerlich. Ich bin mir selbst nicht sicher, ob das der Wahrheit entspricht.

Er sieht ebenfalls nicht überzeugt aus und zieht eine seiner geschwungenen Augenbrauen in die Höhe, wodurch sich seine Stirn in Falten legt.

„Sie sagte, du hättest vor einem Bild gesessen, als sie dich fand.“ Wieso reden wir darüber?

„Stimmt“, gebe ich zu.

„Und dir ging es nicht gut.“

„Wenn sie es sagt.“

„Rose?“ Meine Güte.

„Es ist alles in Ordnung“, antworte ich schnippisch und bereue meinen Ton auf die Sekunde.

„Wie findest du ihre Bilder?“ Sein Blick ist durchdringend und ich überlege krampfhaft, was diese Fragen zu bedeuten haben.

Verwundert von dem abrupten Themenwechsel lehne ich mich zurück. „Sie hat die Motive sehr – realistisch eingefangen.“

„Stimmt“, wispert er und Gänsehaut biegt die Härchen an meinen Armen nach oben. Was soll das alles? Er schiebt seinen halbvollen Teller zu Seite und beugt sich mit den Armen auf die Tischplatte. „Du musst wissen, deine Mutter hat nur gezeichnet, was sie gesehen hat“, erklärt er.

Ich zucke mit den Schultern. „Was auch sonst?“

„Nein, so meine ich das nicht. Sie hat gemalt, was sie in ihrem Geist gesehen hat.“ Ich mustere ihn verwirrt. Vielleicht hätte ich mich eher nach seinem Gesundheitszustand erkundigen sollen.

„In ihrem Geist?“, wiederhole ich. „Ich verstehe nicht ganz“, sage ich und mustere ihn eingehend, doch dann fällt der Groschen und ich lache erleichtert auf. „Du meinst, die Bilder entspringen ihrer Fantasie.“

Er schüttelt den Kopf und presst die Lippen zu einem dünnen Strich zusammen. „Nun das ist wohl etwas komplizierter“, antwortet er leise und seufzt auf.

„Ich verstehe nicht, was du mir sagen willst.“

Er reibt sich mit dem Handrücken über die Stirn. Das hat er schon immer getan, wenn er Schwierigkeiten hatte, mir etwas Wichtiges zu erklären.

„Deine Mutter hat Bilder in ihrem Geist gesehen, die sie dann gemalt hat.“

„Ja, das nennt man dann Fantasie.“

„Unterbrich mich nicht“, fährt er mich an und ich beiße mir auf die Zunge, während er fortfährt. „Mit Fantasie haben die Bilder nichts zu tun.“

„Sondern?“

Ermahnend sieht er mich an, und ich schlucke.

„Ihre Zeichnungen, sie betrafen die Zukunft“, erklärt er gepresst. In meiner Kehle breitet sich ein Lachen aus, dass ich nur mit Mühe und Not zurückhalte. Das kann er doch nicht ernst meinen.

„Sie hat Bilder aus der Zukunft gemalt“, wiederhole ich seine Worte und grinse ihn an. Haben wir den 1. April?  „Unterbrich mich nicht“, fordert er wieder, doch ich kann mich nicht länger zurückhalten. Ich beuge mich zu ihm nach vorn und greife nach seinen Fingern.

„Vater bitte. Das ist total verrückt.“

Er schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch, und ich zucke erschrocken zusammen. „Du sollst mich nicht ständig unterbrechen“ donnert er ungehalten. Schnell ziehe ich meine Hand zurück und drücke den Rücken durch. Er wird selten laut, doch wenn, ist Vorsicht geboten. „Was bringt dir Maria eigentlich bei?“, faucht er.

„Entschuldige bitte“, wispere ich und schlucke schwer. „Aber wie soll ich dich bei solchen Worte nicht unterbrechen?“, frage ich und schau ihn verunsichert an. Seine Miene wird weicher, und er stößt hörbar die Luft aus.

„Ich weiß selbst, wie verrückt es sich anhört, aber es ist wahr. Komm mit“, fordert er. Die Stuhlbeine scharren über den Parkettboden, als er aufsteht und mich abwartend ansieht.

 Perplex erhebe ich mich und folge ihm, als er vorausgeht. Ich erwartet, dass wir eine Etage nach oben ins Atelier gehen, doch stattdessen biegen im Erdgeschoss in sein Arbeitszimmer ab.

Der Raum wird dominiert von dunklem Holz und dem Geruch alter Bücher. Das Zimmer misst rund 30 qm und neben den raumhohen Bücherregalen, die prall gefüllt sind, steht hier ein riesiger Schreibtisch. Darauf befindet sich ein Monitor, eine glänzende Tastatur und ein paar lose Blätter. Vor dem Tisch stehen zwei Stühle für seine Klienten und in der Ecke eine gemütliche Sitzecke bestehend aus einem Ledersofa und einem Ohrensessel.

Daneben befindet sich ein zerbrechlich wirkendes Buffet mit einer Auswahl an erlesenen Cognacs. Der Kamin, der das Zimmer üblicherweise beheizt, ist kalt und das warme Licht, mit dem er den Raum erhellt, bleibt mir heute verwehrt. Als kleines Kind bin ich nachts, wenn ich nicht schlafen konnte herunter gekommen und Vater hat dann mit mir auf dem Sofa gekuschelt, bis ich in seinen Armen eingeschlafen bin.

„Setz dich“, verlangt er und deutet auf einen der unbequemen Stühle. Sehnsuchtsvoll gleiten meine Augen zu dem Sofa. Seufzend stoße ich die Luft aus und setze mich vor den Tisch. Ich beobachte, wie er steif zu einem der Regale läuft und dort nach einem Buch greift.

Er legt seinen Mittel- und Zeigefinger auf die Seiten und kippt es mit dem Rücken zurück. Ein leises „Klick“, ertönt und neben ihn öffnet sich ein Spalt. Die Regalwand hat sich nach vorn geschoben. Mit offenem Mund starre ich ihn an. Was um alles in der Welt ist das?

„Eine Geheimtür?“, flüstere ich verblüfft und mein Blick wandert zwischen ihm und der Tür hin und her.

„Warte kurz“, befiehlt er und verschwindet vor meinen Augen in dem verborgenen Raum. Überfordert, von der Tatsache, dass es hier eine Geheimtür gibt, fixiere das Buch, welches den Mechanismus in Gang gesetzt hat.

„Alice im Wunderland.“ Eine meiner Lieblingsgeschichten. Am liebsten würde ich aufspringen und ihm folgen. Vater kommt mit mehreren Papierrollen zurück durch die Öffnung. Ohne mich anzusehen, umrundet er seinen Schreibtisch, legt die Rollen ab und setzt sich.

Er stemmt die Ellenbogen auf die Platte und fährt sich schweratmend durchs Gesicht und die Haare. Noch einmal seufzt er auf, dann richtet er seinen Blick auf mich.

„Wie ich dir gerade erzählt habe, hat deine Mutter Bilder aus der Zukunft gesehen und sie gezeichnet“, beginnt er und betrachtet mich aufmerksam. Ungläubig starre ich ihn an. Um nicht vom Stuhl zu fallen, konzentriere ich mich auf meine Atmung.

„Meistens wusste sie nicht, was die Bilder zu bedeuten haben, doch es gab zwei Momente, in denen es ihr sofort klar war“, macht er weiter und räuspert sich. Er greift nach einer der Rollen, löst das Band, das darum geschlungen ist und reicht sie mir. Unschlüssig starre ich darauf. Mein Mund ist staubtrocken und das Blut rauscht durch meine Adern.

„Sieh es dir an“, ermuntert er mich und mein Blick huscht zu ihm zurück. Die feinen Linien in seinem Gesicht haben sich tief in seine Haut gegraben. Plötzlich wirkt er um Jahre gealtert.

Stirnrunzelnd betrachte ich das Pergament in meinen Fingern, und entschließe, es zu handhaben wie mit einem Pflaster. Ich ziehe die Luft ein und rolle das Papier mit Schwung auseinander.

„Was?“ Ich lege das Bild auf die Tischplatte und starre das Baby, an, dass mir entgegenschaut. Ich erkenne den Säugling sofort. Das bin ich. Ich bin auf dem Papier abgebildet. Wäre ich mir nicht sicher, hätte es mir das Muttermal verraten, dem ich meinen Namen verdanke. In der Kuhle von meinem linken Schlüsselbein liegt ein kleiner Fleck. Er hat die Form einer Rose.

Meine Mutter hat auf den Namen bestanden, als sie mich das erste Mal sah. Was er mir nicht verraten hat, ist, dass mein Name fünf Jahre vor meiner Geburt feststand.

Das Datum auf dem Bild lässt keinen Zweifel zu. Verblüfft und gleichzeitig verwirrt, gleiten meine Finger über die Kohlezeichnung. Ich schaue mir mein eigenes Antlitz genau an.

„Deine Mutter hat dich gesehen, lange bevor du das Licht der Welt erblickt hast. Die Bilder kamen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Es war schwer für sie, sie einzuordnen. Einmal sah sie dich als junges Mädchen, dann wieder als Baby. Sie ahnte nicht, dass sie dich in jedem Alter sah“, flüstert er mit rauer Stimme und ich schaue zu ihm auf. Seine Augen sind auf das Papier gerichtet und ich bilde mir ein, das sie glänzen.

„In jedem Alter?“, frage ich. Sein Adamsapfel hüpft, als er schluckt. Er greift nach der nächsten Rolle und streckt seine Hand aus. Auf dem Bild strahle ich mir mit ungefähr 12 Jahren entgegen. „Das ist nicht möglich“, flüstere ich andächtig und starre auf das Mädchen, welches in Öl für die Ewigkeit festgehalten wurde. Diesmal ist die Zeichnung 11 Jahre vor meiner Geburt datiert.

„Das letzte Bild, das sie von dir angefertigt hat, habe ich hier.“ Er streicht fast andächtig über das Papier.

„Sie hat dir noch etwas anderes hinterlassen.“

Hinterlassen?

„Was? Sie hat... .“ Meine Stimme bricht und meine Augen füllen sich mit heißen Tränen, die ich zurückdränge.

„Ich wollte es dir erst in zwei Wochen geben. An deinem Geburtstag, doch nachdem heute – es ist Zeit.“ Er reicht mir das letzte Bild und eine Gänsehaut ergreift Besitz von meinem Körper. Meine Finger beben, als ich die Rolle auf schiebe.

„Das ist unmöglich“, stoße ich heißer hervor und lasse das Papier auf den Tisch sinken. Fassungslos heften sich meine aufgerissenen Augen auf die Zeichnung und ein beklemmendes Gefühl ergreift Besitz von mir. Ich schüttle mich widerwillig, doch es verschwindet nicht.

Das Bild zeigt einen kahlen, weißen Raum mit hellen, fast transparenten Vorhängen.

Darin steht eine Staffelei und ein Mädchen sitzt auf dem Boden. Es betrachtet ein Porträt.

Ein Porträt von einem Jungen mit kornblumenblauen Augen.

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Kapitel 3

„Aber… aber… wie ist das möglich?“, stoße ich aus. Ich versuche, noch immer zu begreifen, was mein Vater mir gesagt und gezeigt hat.

Aufgebracht wandere ich von einer Ecke in die Andere. Er sieht beobachtet meinen Marsch. Mit einem tiefen Seufzer, steht er auf, kommt zu mir und stellt sich mir in den Weg.

Mit großen Augen schaue ich zu ihm auf und hoffe, eine Antwort in seinem Blick zu finden.

Er legt seine Hand auf meine Schulter. „Ich habe keine logische Erklärung dafür. Ich weiß nicht, in welchem Zusammenhang die Ereignisse und Bilder miteinander stehen, aber wie du siehst, hat deine Mutter den Jungen, den du heute betrachtet hast, schon damals gesehen. Er muss mit deiner Zukunft verwoben sein.“

„Aber das Bild ist doch eines ihrer Letzten“, stelle ich verwirrt fest. Ich ziehe die Brauen zusammen, sodass eine steile Falte zwischen meinen Augen entsteht.

„Ja, doch von dem Jungen gibt es wahrscheinlich mehr als nur dieses eine Bild. Sie hatte damals viele ihrer Gemälde verkauft. Ich weiß nicht, um wen es sich handelt oder was er mit dir zu tun hat.“ Mit festem Griff führt er mich zu dem Stuhl zurück und drückt mich sanft darauf  nieder. Überfordert schüttle ich den Kopf.

„Du sagtest, sie hat mir etwas hinterlassen“, komme ich auf seine Worte von vorhin zurück. „Was ist es?“

„Ach ja, Moment.“ Er verschwindet wieder in den geheimen Raum, während ich das Bild betrachte, das auf dem Tisch liegt. Unwillkürlich schlinge ich die Arme um meinen Oberkörper und reibe mir über die Oberarme.

„Du darfst die Zeichnungen mit nach oben nehmen, wenn du möchtest“, holt mich seine Stimme in die Gegenwart und ich schrecke leicht zusammen. Meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt.

Mein Kopf ruckt nach oben und ich sehe wie die unsichtbare Tür zurück, an ihren Platz gleitet und sich in ihre Umgebung einfügt wie ein Chamäleon.

„Haben wir noch mehr versteckte Räume?“, will ich wissen, um mich an einer Tatsache festzuhalten, die ich eher verstehe. Er kommt langsam auf mich zu.

„Das hier…“ sagt er, ohne auf meine Frage einzugehen, und deutet dabei auf ein kleines Kuvert in den Händen, welchen er vor mir auf die Tischplatte legt. „Hat dir deine Mutter hinterlassen. Ich kenne den Inhalt nicht. Ich weiß nur, dass sie den Brief geschrieben hat, als sie dieses Bild angefertigt hat“, erklärt er und deutet dabei auf die Zeichnung. Meine Kehle fühlt sich an, als hätte jemand den Sauerstoff abgedreht und ich schnappe nach Luft.

Der Brief liegt vor mir, während meine Gedanken sich überschlagen. Soll ich ihn sofort öffnen? Wieso hat er mir ihn nicht längst gegeben? Was hat sie geschrieben? Sie kannte mich kaum.

„Lass dir Zeit“, flüstert er und streicht mir sanft über die Wange. „Nimm ihn mit dir, und wenn du so weit bist, öffne ihn.“, sagt mein Vater weich, und ich schlucke schwer. Meine Finger zittern so sehr, als ich nach den Papieren greife, dass ich es kaum Schaffe sie zu halten.

Wieder in meinen eigenen vier Wänden lege ich den Brief und die Bilder auf meinen Schreibtisch und setze mich aufs Bett. Ich lasse mich rückwärts auf die Matratze fallen und puste die Luft aus.

„Das ist alles nicht wahr“, murmle ich in die Stille. Ich spüre deutlich die Präsenz der geschriebenen Zeilen und richte mich wieder auf. Ich starre zum Tisch hinüber von dem mir das unscheinbare Papier regelrecht entgegen  leuchtet. Mit verführerischer Stimme ruft es mir zu, dass ich es öffnen soll.

Will ich das überhaupt? Was steht drin? Vater wollte mir keine meiner weiteren Fragen beantworten. Er meinte, er könne es nicht, und es wäre nicht an ihm, mir die Geheimnisse zu offenbaren, die mit meiner Mutter gestorben sind. Ob sie mir alles erklärt?

Langsam stehe ich auf. Erster Schritt in Richtung Tisch. Ich öffne ihn. Zweiter Schritt. Ich öffne ihn nicht. Dritter Schritt. Ich öffne ihn. Vierter Schritt. Ich öffne ihn nicht. Das Spiel wiederhole ich, bis ich einen halben Schritt vor dem Tisch stehe. Unsicher, was ich machen soll, starre ich auf den Umschlag. So geht das nicht, was auch immer sie mir geschrieben hat, ich werde den Brief nicht öffnen.

Mein Vater muss verrückt geworden sein. Meine Mutter war nicht fähig in die Zukunft zu blicken. „Und die Sache mit den Bildern?“, fragt mich mein Verstand.

Wahrscheinlich hat sie die gezeichnet, als ich bereits auf der Welt war und nur ein anderes Datum darauf geschrieben. Ich nicke zuversichtlich.

„Das zweite Bild zeigt mich allerdings, als sie schon nicht mehr bei uns war“, meldet sich der Zweifel wieder, und ich lege die Stirn in Falten auf der Suche nach einer plausiblen Erklärung.

Ja, das ist schwierig, aber nicht unlösbar. „Bestimmt hat sie ein Bild aus ihrer eigenen Jugend verwendet“, sage ich zu mir und fühle mich ein wenig besser.

Jeder, der meine Mutter kannte und mich sieht, erzählt mir, wie ähnlich wir uns sehen.

„Wie erklärst du dir dann das dritte Bild?“, halt es in meinem Kopf. Verdammt, woher soll ich das wissen. „Sie hat von sich auf mich geschlossen, und das Zimmer hatte sie bereits.  Sie hatte Glück, mehr nicht“, fauche ich leise.

Es hat keinen Sinn, sich den Kopf darüber zu zerbrechen, ich werde den Brief nicht öffnen.

Maria bläut mir unentwegt ein, ich solle erwachsen werden. Wenn ich meinem Vater und ihren geschriebenen Worten glaube, mache ich genau das Gegenteil. Das hat nichts mit erwachsenem Verhalten gemein.

Kurz entschlossen packe ich das Papier und verbanne es in einer der Schubladen des Tisches. „Bist du sicher, dass sich die Bilder mit Glück erklären lassen?“, malträtierte mich mein Verstand, und ich schüttle resigniert den Kopf. Mit einem lauten Schlag fällt sie ins Schloss.

„Zufall“, knurre ich. „Wenn es kein Glück war, war es Zufall.“ Wer kann schon in die Zukunft sehen? Und selbst wenn, warum sollte ausgerechnet meine Mutter diese Fähigkeit besitzen? Nein. Ich werde den Brief nicht öffnen.

Meine Beine tragen mich die Treppe nach unten, und ich schlage automatisch den Weg zu seinem Arbeitszimmer ein. Der Raum liegt dunkel und kalt vor mir. „Vater?“, frage ich in die Stille, erhalte jedoch keine Antwort. Ich werfe einen Blick über die Schulter. Sonst ist er immer hier. Ob er in seinem geheimen Raum ist?

Bevor ich mich dazu entscheide, nach dem Buch zu suchen, welches die verborgene Tür öffnet, höre ich gedämpfte Stimmen. Sie kommen aus dem Zimmer nebenan. Auf Zehenspitzen schleiche ich mich an den Ursprung der Stimmen heran und bleibe vor der angelehnten Tür zu Marias Zimmer stehen.

„Du hättest ihr alles sagen müssen“, höre ich sie sagen und ziehe die Stirn kraus. Ich beiße mir auf die Lippe und schiele durch den winzigen Spalt zwischen Zarge und Türblatt. Maria steht meinem Vater gegenüber. Sie sieht ihn ernst an und schüttelt missbilligend den Kopf.

„Sie hat kein Wort von dem, was ich ihr gesagt habe ernst genommen, und ich halte das für ein gutes Zeichen.“

„Das ist es aber nicht. Sie muss dir glauben“, behaart sie und ich rutsche noch etwas weiter an den Spalt bis meine Nasenspitze das Holz berührt.

„Sie muss hören, was mit ihrer Mutter geschehen ist, und wissen, was auf sie zukommt. Sie muss von ihm erfahren“, behaart sie und legt eine Hand auf seine verschränkten Arme. Ihm? Redet sie von dem Jungen mit den blauen Augen?

 „Wenn Rose keine Ahnung hat, geschieht vielleicht nichts. Verstehst du es denn nicht? Sie ist meine Tochter.“ Er stößt angestrengt den Atem aus und seine Schultern sinken ermattet in die Tiefe. „Ich will sie keinen unnötigen Gefahren aussetzen.“

„Wenn du es ihr verschweigst, ist die Bedrohung nur realer.“ Welche Bedrohung? Von was ist hier die Rede? Angespannt halte ich die Luft an.

„Nein, Maria. Ich habe ihr die Wahl gelassen. Rose muss selbst entscheiden. Liest sie den Brief, wird sie weitere Fragen haben, doch schlägt sie diese Möglichkeit aus, werde ich weiter auf sie achten.“ Mein Vater lässt die Arme sinken und somit fällt auch Marias Hand nach unten.

„Du achtest nicht auf sie Liam“, zischt sie. „Du sperrst sie hier ein. Siehst du es denn nicht? Du kannst sie nicht beschützen.“

„Dann finde ich jemanden, der es kann. Ich bringe sie fort und dann…“

„Sie hat das Bild gesehen. Sie hat ihn gesehen. Du beschützt sie nicht. Niemand kann das.“

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Kapitel 4

Mein Vater wendet sich mit einer starren Maske im Gesicht der Tür zu. Ich schrecke zurück und  sprinte über den Flur, bis ich auf der unteren Treppenstufe stehe. „Vater?“, rufe ich und schaue absichtlich in die entgegengesetzte Richtung.

„Rose?“ Misstrauisch mustert er mich. „Was machst du hier? Ich dachte, du wärst auf deinem Zimmer.“ Schnell schließt er die Tür hinter sich.

Hat er gesehen, wie ich zur Treppe gerannt bin?

„Da war ich. Ich wollte dich etwas fragen und hatte keine Lust, dich zu suchen“, flunkere ich. „Ist mit Maria alles in Ordnung?“ Er wirft irritiert einen Blick zurück, bis ihm einzufallen scheint, dass er vor ihrer Zimmertür steht.

„Natürlich.“

„Ich habe noch nie gesehen, dass du diesen Raum betreten hast.“

„Erzähle keinen Unsinn.“ Er schüttelt leicht den Kopf und macht zwei Schritte nach vorn. „Du schläfst meistens, wenn ich mich mit ihr unterhalte“, wiegelt er ab, und ich hebe skeptisch eine Braue. Die Lüge kam ihm aalglatt über den Lippen.

„Du redest mit Maria in ihrem Zimmer, wenn ich im Bett liege?“ Wäre ich nicht bereits durch die erlauschten Worte wachsam, wäre ich es spätestens jetzt.

Mein Vater hat Maria stets zu sich in sein Arbeitszimmer zitiert, wenn er etwas mit ihr zu besprechen hatte. Er war nie in ihrem Zimmer.

„Mach dich nicht lächerlich, Rose“, rügt er mich, und ich bemühe mich um einen neutralen Gesichtsausdruck.

 „Ich möchte kurz mit dir reden“, sage ich und lenke uns von dieser merkwürdigen Situation ab.

„Komm mit ins Arbeitszimmer. Ich habe sowieso noch zu arbeiten“, fordert er mich auf, schlendert an mir vorbei und sieht mich dabei auffordernd an. Mit einem Knopfdruck entfacht er das Kaminfeuer, und endlich sieht der Raum aus, wie ich ihn in Erinnerung habe.

Ich lasse mich in den Ohrensessel fallen, während Vater sich einen Cognac einschenkt und mir gegenüber Platz nimmt. Mir ist nicht entgangen, dass er das Glas zwei Fingerbreit mehr gefüllt hat als üblich.

Ob das an seinem mysteriösen Gespräch mit Maria liegt? „Also? Was willst du wissen?“

„Um ehrlich zu sein, habe ich zwei Fragen und eine Bitte.“ Er seufzt ergeben auf, denn jedes Mal, wenn ich ihm mitteile, dass ich eine Bitte habe, weiß er, dass er sie mir nur schwerlich abschlagen kann.

„Dann fang mal an.“

„Ich bitte dich, mir meine Fragen ehrlich zu beantworten.“ Seine Augen verengen sich für einen kaum merklichen Moment, aber ich habe es bemerkt.

„Wieso sollte ich nicht?“, will er wissen und schlägt die Beine übereinander.

„Weil du mir vorhin nicht geantwortet hast.“

„Stell deine Fragen, dann werden wir sehen.“ Das sind nicht die Worte, die ich hören wollte.

„Seit wann haben wir eine Geheimtür, und was ist in dem geheimen Zimmer?“ Er hebt die Brauen und ein Lächeln umspielt seine Mundwinkel. Er wirkt erleichtert und ich überlege, ob ich nicht doch etwas über meine Mutter hätte Fragen sollen.

„In dem geheimen Zimmer, wie du es nennst, sind Dinge, die einen gewissen Wert für mich haben und daher besonderen Schutz genießen.“

„Welche Dinge? Und welcher Schutz?“ Neugierig ziehe ich die Beine unter meinen Hintern und beuge mich ihm entgegen.

„Gemälde, Bargeld, Gold, Schmuck und Erinnerungen. Du weißt, wie abgeschieden wir hier sind. Ich wollte Dieben nicht die Möglichkeit geben, sich an unseren Wertsachen zu erfreuen. Sie würden sie auf dem Schwarzmarkt für einen Bruchteil ihres Werts verscherbeln.“ Das ist sowas von unglaubwürdig.

Das Anwesen wird videoüberwacht und ist mit einem Alarmsystem ausgestattet, dass jeder der auch nur an Einbruch denkt, sofort mit Handschellen abgeführt wird.

„Seit wann gibt es dieses Zimmer?“

„Schon immer. Ich habe die Wand nur verkleiden lassen, damit es mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist.“ „Darf ich hinein?“ Es juckt mich bereits in den Fingern.

„Irgendwann bestimmt.“ Also nein.

„Ok, dann meine zweite Frage.“

„Schatz, deine zweite Frage hast du längst gestellt, genauso wie die Dritte, Vierte und Fünfte“, erwidert er lachend. „Das gehört doch alles zu ein und demselben Thema“, meine ich schmollend und sehe ihn mit einem herzerweichenden Augenaufschlag an.

„Schon gut. Wie lautet die nächste Frage.“

„Wer kommt zu dem Fest in zwei Wochen? Bekomme ich ein neues Kleid, und wozu muss ich mir das antun?“

Er hebt eine Braue und sein Lächeln vertieft sich.

„Das ist zwar wieder mehr als eine Frage, aber ich habe deine Logik verstanden“, antwortet er amüsiert, ohne zu antworten.

„Und?“

„Es sind Freunde und Bekannte der Familie geladen, genauso wie Geschäftsfreunde und Menschen, die für deine weitere Zukunft von Vorteil sind. Du sollst Kontakte knüpfen und deine Umgangsformen schulen. Sind deine Fragen damit beantwortet?“

„Wie steht es mit dem Kleid?“

„Natürlich bekommst du ein neues Kleid, schließlich hast du Geburtstag.“ Er stellt das Glas auf dem Buffet neben sich ab und steht auf.

„Darf ich es mir selbst aussuchen?“

„Das besprichst du am besten mit Maria.“ wiegelt er ab und ich deute es als ein klares nein.

„Nun muss ich arbeiten, und wenn ich es recht verstanden habe, solltest du dir Shakespeare noch einmal ansehen.“ Er sieht mich abwartend an.

Mist.

„Ja“, knurre ich mit knirschenden Zähnen. „Ich hab dich lieb“, hauche ich, stelle mich auf die Zehenspitzen und hauche ihm einen Kuss auf die Wange.

„Ich dich auch“, sagt er und drückt mir einen liebevollen Kuss auf den Scheitel.

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Kapitel 5

„Ach, deine Augen drohen mir mehr Gefahr als zwanzig ihrer Schwerter. Aber wenn du mich freundlich ansiehst, bin ich gegen ihre Rachsucht gestärkt. Durch ihren Hass zu sterben wäre mir jedoch lieber, als ohne deine Liebe ein verhasstes Leben weiterzuführen.“

„Darf ich dich stören?“, unterbricht mich Marias Stimme, und ich drehe mich zur Tür.

„Komm rein“, fordere ich sie auf und lege das Buch zur Seite.

„Du übst ja“, stellt sie überrascht fest und betrachtet das Buch in meinen Fingern. Ich senke den Kopf und schaue auf die Seiten in meiner Hand, als wären sie gerade erst dort aufgetaucht. „Ja.“

„Ist bei dir alles in Ordnung?“, will sie wissen und nun schaue ich ihr fragend ins Gesicht. „Wieso nicht?“

„Ich wollte noch einmal mit dir über heute Nachmittag reden.“

Am liebsten hätte ich wieder die Augen verdreht, aber auf eine weitere Strafpredigt habe ich keine Lust. Stattdessen drücke ich die Lippen aufeinander und setze mich auf mein Bett. Ich hebe erwartungsvoll die Brauen und warte darauf, dass sie den Mund aufmacht.

„Ich war vielleicht etwas streng zu dir“, setzt sie an und meine Augenbrauen erreichen gerade meinen Haaransatz. Das ist neu.

„Ich möchte lediglich, dass du bestmöglich auf deine Zukunft vorbereitet bist. Verstehst du das?“ War ja klar.

Sie sieht mich zuversichtlich an und ich fühle mich zu einem Nicken genötigt. „Natürlich.“

„Es ist wichtig, dass du weißt, wie man sich benimmt und was sich gehört.“

„Wie könnte ich das bei dir als Lehrerin nicht wissen?“, sage ich und lasse die Luft entweichen.

„Ich meine es ernst, Rose, bitte.“

„Ich doch auch.“

„Wenn du mir versprichst, in den nächsten beiden Wochen dein bestes Verhalten zu zeigen, verspreche ich dir, dass du ein Mitspracherecht in puncto Kleidung hast.“ Meine Kinnlade klappt nach unten. Habe ich mich gerade verhört? Noch nie, und damit meine ich wirklich niemals, durfte ich mir meine Garderobe zu einem offiziellen Anlass selbst aussuchen.

„Ich verspreche es“, hasple ich so schnell, wie es mir möglich ist. Sie kann sich ein Lächeln kaum verkneifen und bemüht sich um einen strengen Gesichtsausdruck.

„Ich werde auf alles achten“, warnt sie mich, und ich nicke automatisch.

„Ich verspreche es hoch und heilig“, wiederhole ich und halte beschwörend meine rechte Hand nach oben.

„Na gut. Mach Schluss für heute, damit du morgen ausgeschlafen bist“, befiehlt sie und dreht sich zur Tür um. Kurz will ich protestieren, aber dann besinne ich mich rechtzeitig an mein gegebenes Versprechen und halte den Mund. Sie lächelt, als sie aus dem Zimmer tritt, und ich weiß, es werden die schlimmsten zwei Wochen meines Lebens.

Leichtfüßig springe ich hoch und schalte das Licht aus. Der Mond scheint hell in mein Zimmer und zieht meinen Blick auf sich. Mein Fenster hat keine Gardinen. Kurzentschlossen öffne ich die Scheibe und sauge die kühle Abendluft ein. Eilig ziehe ich mich und kuschle mich ins Bett. Ich schlafe besser, wenn mein Zimmer kalt ist und ich mich tief in meine Decken vergrabe.

In dieser Nacht kommt mein Geist nicht zur Ruhe. Krampfhaft drehe ich mich von einer Seite auf die andere, doch der Schlaf will sich meiner nicht bemächtigen. Ich zähle Schäfchen, gebe jedoch bei 152 auf. Dann probiere ich es mit Atemübungen, aber auch diese entlassen mich nicht in den ersehnten Schlaf.

„Wieso klappt es nicht?“, murmle ich frustriert.  „Dumme Frage“, antwortet eine Stimme in meinen Kopf. „Weil ein ungeöffneter Brief in der Schublade auf dich wartet, weil das Gespräch zwischen Maria und meinem Vater noch immer durch meine Gedanken streift und weil der Junge mit seiner tiefblauen Iris sich in mein Hirn gebrannt hat“, raunt mich mein Unterbewusstsein an, und ich stöhne auf. Seufzend reibe ich mir über die Augen.

Ich setze mich auf, und automatisch fixiere ich die Schublade in der der Brief mich zu sich ruft.

„Nein. Nein. Ich bleibe stark. Ich werde den Brief nicht öffnen“, knurre ich. „Und wenn es wichtig ist?“, höre ich wieder meine innere Stimme.

„Was soll schon darin stehen? Hör auf damit, ich werde ihn nicht lesen.“

„Maria meinte, es könnte wichtig sein, vielleicht wäre es doch besser…“

Ahh. Mein innerer Disput macht mich fertig.

„Was auch immer Maria meinte, das war es nicht“, widerspreche ich mir selbst.

„Sie hat von dem Jungen auf dem Bild gesprochen, an den du immer wieder denkst“, piesackt mich mein Unterbewusstsein und ich stöhne auf.

„Ist er die Gefahr, welche die beiden meinten?“, überlege ich laut. „So gefährlich sah er überhaupt nicht aus, oder?“

„Schau dir das Bild noch einmal an, vielleicht findest du einen Hinweis“, raunt meine innere Stimme und ich beiße mir nachdenklich auf die Lippe. „Warum eigentlich nicht? Ich habe das Bild schon gesehen, es wird sich kaum verändert haben.“

Entschlossen, mir den Jungen noch einmal anzusehen, damit mein Unterbewusstsein Ruhe gibt, raffe ich mich auf und schleiche über den Flur zum Atelier. Auch hier erhellt der Mond das Zimmer, und ich muss nicht lange suchen, um das Gesicht zu finden, welches ich nicht mehr aus meinem Kopf bekomme.

Sofort nimmt mich sein Antlitz gefangen, und ich gehe mechanisch auf ihn zu, um mich vor ihm niederzulassen. Seine Augen sehen mich direkt an, und ich habe das Gefühl, ich könnte in ihnen versinken.

Kenne ich diese Augen nicht irgendwoher? Sie scheinen mir so bekannt und gleichzeitig vollkommen fremd.

Wer ist dieser Junge, und wieso hat meine Mutter ihn gesehen? Bedeutet das wirklich, dass er mit mir in Verbindung steht? Mit mir und meiner Zukunft?

Sein Gesicht ist so realistisch gezeichnet, dass ich das Gefühl habe, er würde jede Sekunde aus dem Bild steigen. Wieder strecke ich meine Finger nach dem Gesicht aus. Diesmal gleiten sie vorsichtig vom Haaransatz über seine Wange bis zu seinem markanten Kinn.

Wie gerne würde ich die Wärme spüren, die seine Haut ausstrahlt. Ob ich ihm tatsächlich begegnen werde? Schwervorstellbar, dass er eine Gefahr für mich darstellt. Wie auch? Ein Mann mit solchen Augen kann einfach nicht gefährlich sein.

Nachdem meine Glieder steif werden und beginnen zu schmerzen, schaffe ich es, mich von dem Unbekannten loszureißen und wieder in mein Zimmer zu huschen. Ist er die Bedrohung? „Das erfährst du erst, wenn du den Brief geöffnet hast“, ätzt mein Unterbewusstsein sofort und nutzt meine Schwäche aus.

„Nur um Gewissheit zu haben“, wispere ich ergeben, gehe zum Schreibtisch und ziehe die Schublade auf. Das Kuvert liegt da, wie ich es zurückgelassen habe, und wieder ruft es nach mir.

Nervös reibe ich meine Handflächen über meine Shorts und strecke die Finger aus. Ich halte die Luft an, als wäre das kein Papier, sondern Sprengstoff. Noch schwebt meine Hand über dem Umschlag, und es kostet mich all meine Überwindungskraft, es zu berühren und mit mir zum Bett zu nehmen. Ich setze mich weit zurück, sodass mein Rücken gegen das Kopfende gelehnt ist, und ziehe die Knie an. Die Decke liegt schwer auf meinen Beinen, doch der Brief wiegt mehr, als ich es jemals für möglich gehalten hätte.

„Also dann, sag, was du zu sagen hast“, flüstere ich und reiße das Kuvert auf. Mit dem zusammengefalteten Papier in der Hand greife ich nach meinem Handy und schalte die Taschenlampe an. Weder mein Vater noch Maria dürfen entdecken, dass ich wach bin. Damit hätte ich noch in der ersten Nacht mein Versprechen gebrochen, und die Entscheidung über meine neue Garderobe ist Geschichte.

Mit Herzklopfen streiche ich über das dicke Papier. Es ist mehr als nur eine Seite.

Zitternd falte ich die Bögen auseinander. Ein letztes Mal sauge ich Luft in meine Lungen, dann beginne ich zu lesen.

 

Meine geliebte Tochter,

 

Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr es mich schmerzt, diese Zeilen zu schreiben. Ich hinterlasse dir diesen Brief im Wissen, dass dies die einzigen Worte an dich sein werden. Hat dein Vater sein Versprechen gehalten, kennst du nun das Geheimnis unserer Familie. Ich habe ihn darum gebeten, Stillschweigen zu bewahren, bis du dein 17. Lebensjahr erreichst und meine kleine Rose erblüht.

Das Schicksal war mir wohlgesonnen. Ich wurde mit der Gabe der Vorsehung gesegnet – ein großes Glück für mich, denn so durfte ich einen Blick auf dich, meine wunderschöne Tochter, erhaschen. Unsere Blutlinie wurde mit besonderen Gaben bedacht. Von Frau zu Frau wird eine Fähigkeit vererbt, die mit dem 17. Lebensjahr erblüht. Innerhalb eines Jahres wird sie vollentfaltet sein. Manch eine neu gewonnene Kraft wurde unserer Familie zum Verhängnis und war somit ein Fluch.

Ich bete, seit ich dich das erste Mal sah, dass deine Gabe ein Segen sein wird. Viel über deine Zukunft kann ich nicht verraten, doch eines solltest du wissen: Ich sah einen jungen Mann in dein Leben treten. Er hatte blaue Augen – blaue Augen so tief wie der Ozean. Ich sah, wie er dich in den Armen hielt, und ihr wart umgeben von einem Rot aus Blut. Seit das Bild in meinem Geist erschienen ist, fürchte ich mich davor.

Ich habe es nicht fertiggebracht, es zu zeichnen. Meine Angst um dich wächst jeden Tag ein weiteres Stück, und ich bete, dass ich mich dieses eine Mal getäuscht habe. Ich hoffe, dass dieser Junge nicht dein Verderben bedeutet.

Bitte, meine kleine Rose, pass auf dich auf und sei auf der Hut. Lass nicht zu, dass er dich ins Unglück stürzt und deine Blätter zu schnell fallen. Dein Vater wird alles unternehmen, um dich zu schützen, und ich wünsche mir mehr als alles andere, dass das Schicksal einen Bogen um dich schlägt. Lerne mit deiner Fähigkeit umzugehen und sie für dich zu nutzen. Mein liebes Kind, meine geliebte Rose, auch wenn ich nicht mehr bei dir bin, so hoffe ich, dass dich diese Zeilen beschützen und leiten werden.

 

In ewiger Liebe,

deine Mutter

 

 

Ich stoße meinen angehaltenen Atem aus. Immer wieder wandern meine Augen über dem Text und Tränen drängen sich vehement an die Oberfläche.

Ein tiefer Stich fügt meinem Herzen eine Narbe zu. Ich habe nicht erwartet, dass mich die Zeilen so sehr aus der Bahn werfen. Ein unerwarteter Sturm, der ohne Vorwarnung über meine Seele hereinbricht, vertieft die Trauer, die mich meine Mutter vermissen lässt. Es ist, als ob ein schwerer Schatten in diesem Augenblick die Nacht noch mehr verfinstert und die Luft mit einer schweren, erdrückenden Last erfüllt.

Als kleines Kind habe ich Maria dafür gehalten, und später, als ich älter wurde, begriff ich, dass es für mich diesen Elternteil nicht gab. Diesen Schmerz habe ich noch nie verspürt. Eine salzige Kugel löst sich aus meinem Augenwinkel und rollt meine Wange hinab. Mit einem kaum hörbaren „platsch“, landet sie auf dem Papier und ich wische mir mit dem Arm über die Augen. Ich schniefe leise und atme tief durch.

Abermals lese ich die Zeilen und bleibe bei dem Jungen mit den blauen Augen hängen.

„Solltest du wissen: Ich sah einen jungen Mann in dein Leben treten. Er hatte blaue Augen – blaue Augen so tief wie der Ozean. Ich sah, wie er dich in den Armen hielt, und ihr wart umgeben von einem Rot aus Blut.“

Ist das der Junge auf dem Bild? Ist er die Bedrohung, von der Maria und Vater gesprochen haben?

„Von Frau zu Frau wird eine Fähigkeit vererbt, die mit dem 17. Lebensjahr erblüht. Innerhalb eines Jahres wird sie vollentfaltet sein. Manch eine neu gewonnene Kraft wurde unserer Familie zum Verhängnis und war somit ein Fluch.“

Kann ich dann durch Wände sehen, oder fliegen?

Kopfschüttelnd schäle ich mich unter der Decke hervor. Überdeutlich spüre ich die Kälte im Zimmer und meine Finger halten das Papier fester. Mit festen Schritten gehe ich zum Schreibtisch.

Eilig verbanne ich die Zettel in die Schublade und atme erleichtert auf. Ich sollte ihren Worten nicht allzu viel Bedeutung beimessen.

Wieder in meinem Bett schließe ich die Augen und gleite in einen tiefen Schlaf, ohne noch einmal an den Brief und die Fragen, die er aufwirft, zu denken.

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